Teamwork
Entgegen allen Klischees
Die Elektroinstallationsbranche gilt traditionell als Männerdomäne. Doch bei ETAVIS in Burgdorf arbeitet ein Frauenteam, das beweist, dass das Geschlecht keine Rolle spielt. Sabrina, Melanie und Nina teilen ihre Erfahrungen und erklären, weshalb sie letztendlich doch ein gemischtes Team bevorzugen.
Elektroinstallation ist kein typisches Arbeitsfeld für Frauen. Nur wenige entscheiden sich für eine Ausbildung in diesem Bereich. Laut EIT.swiss sind Frauen verhältnismässig am häufigsten in der Grundbildung Elektroplaner:in EFZ anzutreffen. Hier beträgt ihr Anteil 12 Prozent, in der Grundbildung Elektroinstallateur:in EFZ 3 Prozent und in der Grundbildung Montage-Elektriker:in EFZ noch 1 Prozent. Bei ETAVIS in Burgdorf arbeiten gleich drei Frauen, die eindrucksvoll zeigen, dass dieser Beruf keineswegs nur Männern vorbehalten ist.
Sabrina Sahli begann 2015 im Alter von 29 Jahren ihre Lehre bei ETAVIS, nachdem sie in der Detailhandelsbranche tätig war. «Die direkte Kommunikation und der Teamgeist haben mir hier von Anfang an gefallen», sagt sie. Zurzeit bereitet sich Sabrina auf die letzten Prüfungen ihrer Ausbildung zur eidg. dipl. Expertin vor. Auch Melanie Wettmann, die gelernte Elektroinstallateurin ist und heute als Bauleiterin arbeitet, lässt sich gerade zur Projektleiterin ausbilden. «Elektrizität hat mich schon in der Schule fasziniert», erinnert sich die 23-Jährige. Eine Gemeinsamkeit, welche die drei Frauen teilen. Denn auch Nina Capelli, gelernte Montage-Elektrikerin, wusste früh, in welche Richtung es für sie geht: «Ich habe mich schon immer für Handwerksberufe interessiert. Ein Bürojob wäre für mich daher nie infrage gekommen.»
Sie schätzen die Direktheit ihrer Kollegen
Das Dreiergespann hat bereits zuvor in verschiedenen Konstellationen zusammengearbeitet und kennt sich gut. Aus diesem Grund funktioniere die Arbeit im Frauenteam einwandfrei. «Wir können uns auch über private Dinge austauschen der Witze machen,» bemerkt Melanie. Ihr aktuelles Projekt, die Sanierung eines Alten- und Pflegeheims, ist in vier Etappen aufgeteilt. Gerade haben sie die erste Etappe abgeschlossen. Dass sie nun als reines Frauenteam an einem Projekt arbeiten, habe sich zufälligerweise so ergeben: Sabrina wurde früher als geplant Projektleiterin, Melanie hatte gerade keine offene Baustelle mehr zu betreuen und Nina kehrte aus der einjährigen Babypause zurück. «Es werden Teams gebildet, bei denen sich die Mitglieder gut verstehen. Das hatte sicherlich einen Einfluss auf die Planung», sagt Sabrina. Obwohl sie alle gerne im Frauenteam arbeiten, glauben die drei nicht, dass diese Konstellation der ideale Standard ist: «Wir schätzen den Mix und die Abwechslung mehr.»
An diesem Auftrag sei besonders spannend, dass die Sanierung bei laufendem Betrieb vorgenommen werde. So kommt es manchmal auch zu netten oder witzigen Begegnungen, erzählen sie. «Die Bewohnenden schauten am Anfang etwas verdutzt, weil wir drei Frauen sind. Sie sind sich das nicht gewohnt. Wir haben aber auch schon oft gehört, dass sie das super finden.» Ihre Zusammenarbeit geht sogar über die Baustelle hinaus. Denn Sabrina und ihre Stieftochter Nina leben zusammen in einem Mehrgenerationenhaus. «Wenn mir abends noch spontan etwas Wichtiges zur Arbeit einfällt, kann ich es Nina kurz im Vorbeigehen mitteilen. Das ist sehr praktisch», stellt sie fest. Für die Mitarbeitenden in ihrem Team bei ETAVIS Burgdorf sei ein reines Frauenteam nichts Ungewöhnliches. Andere Berufskollegen auf der Baustelle reagieren hingegen manchmal überrascht. «Wenn ich schwere Dinge anheben muss, eilen sie mir meist zur Hilfe, was nett gemeint ist. Wenn ich ihnen dann aber erkläre, dass ich das auch kann, ist es beim nächsten Mal kein Thema mehr», erzählt Melanie. Auf der Baustelle herrsche generell meist ein etwas rauer Umgangston, woran man sich erst gewöhnen müsse. «Ich schätze an der Arbeit mit Männern, dass man so direkt sein kann. Wir sagen uns auch mal die Meinung, ohne dass der andere beleidigt ist. Eine Minute später lachen wir wieder zusammen.» Dennoch müsse man sich als Frau oftmals mehr beweisen, stellen die drei übereinstimmend fest.
Leidenschaft, Flexibilität und Akzeptanz im Beruf
Obwohl sie die Arbeit mit den Händen lieben, haben sich Sabrina und Melanie für eine Weiterbildung und damit auch für mehr administrative Aufgaben entschieden. «Meine Überlegung war unter anderem, dass ich diesen Beruf vielleicht nicht bis zur Pensionierung ausüben kann, weil ich eventuell körperliche Beschwerden entwickeln könnte», erklärt Sabrina. Als Leiterin des Service-Teams kommt sie jedoch auch heute noch häufig selbst zum Einsatz, was ihr gefällt. Melanie hat für den Positionswechsel eine andere Erklärung: «Als Frau überlegt man sich natürlich auch, dass ein Bürojob später mit einer Familie flexibler ist und man auch mehr Möglichkeiten für ein Teilzeitpensum hat.» Doch auch ein Kind und ein 100 %-Pensum ist möglich, wie Nina beweist. Sie wollte ursprünglich Schreinerin werden. Als sie jedoch damals mitbekommen hat, wie ihre Stiefmutter Sabrina von der Arbeit schwärmte, wollte auch sie sich auf eine Lehrstelle bei ETAVIS bewerben.
Sabrina und Melanie haben heute beide eine leitende Funktion und damit auch die Entscheidungshoheit, was ihre Kollegen akzeptieren. «Bei uns im Unternehmen wird gelebt, dass Frauen genauso viel können wie Männer. Wir Frauen arbeiten in gewissen Situationen mehr mit dem Kopf und die Männer mehr mit ihrer Kraft, aber im Grunde sind wir gleich», betont Melanie. Mädchen, die sich für handwerkliche Berufe interessieren, sollen mutig sein und sich nicht von den Stereotypen und Geschlechterklischees abschrecken lassen. «Wenn das handwerkliche Grundverständnis und die Motivation da sind, können sie alles schaffen», ist sich Sabrina, die selbst die erste und bisher einzige Projektleiterin bei ETAVIS ist, sicher. Schlussendlich sind sich alle einig: Es kommt nicht auf das Geschlecht an, sondern auf das Fachwissen und die Art, wie man mit den Menschen umgeht.
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